
„Wir“ sind schwanger – so ein Blödsinn
Werdende Eltern behaupten ja gerne von sich, „schwanger“ zu sein. So als würden sie das Kind irgendwie gemeinsam austragen. Was sie meinen, ist natürlich das Gefühl Eltern zu werden, das sie jeweils empfinden. Doch machen wir uns doch nichts vor – ob jemand Mama oder Papa wird, ist ein himmelweiter Untereschied.
Natürlich kümmern sich im Idealfall beide gemeinsam um den neuen Menschen, keine Frage. Aber spüren wie es von innen tritt, wie der eigene Körper sich verändert, es im Verlaufe der neun Monate immer beschwerlicher wird und das Kleine am Ende gebären – das alles darf oder muss (je nachdem) alleine die Frau bewältigen! Die einzig mir bekannte Ausnahme ist Arnold Schwarzenegger im Film „Junior“…
Als Kerl isses einfach anders
Für mich als Mann bleibt während der Schwangerschaft also bloß die Erkenntnis, dass sich etwas (räusper, räusper… ALLES) ändern wird – ein bloßes Gefühl, eine Vorahnung, ein „irgendwann-in-der-Zukunft“-Gedankenspiel. That‘s it.
Greifbarer wird es für uns Männer einfach nicht. Tritte von innen gegen Mamas Bauchdecke kann ich mit der Hand spüren, das ist anfänglich auch sehr faszinierend – und doch habe ich mich so schnell daran gewöhnt…
So richtig – und ich meine so richtig so richtig – realisieren tut Mann (tat ich) das erst, wenn der Wurm tatsächlich auch da ist.
Ich weiß noch, wie ich unsere Große zum ersten Mal in den Armen hielt. Den Atem auf meiner Haut spürte. Den schnellen Rhythmus wahrnahm. Die Wärme empfand. Vollgekackt wurde…
Bis dahin, also die ganze Zeit vorher, ändert sich für uns Papas (zumindest beim ersten Kind) schlichtweg… nix! Zumindest nicht grundsätzlich.
Der „schwangere“ Mann
Mann leistet während der neun Monate natürlich trotzdem einen wichtigen Beitrag. Empathie, Solidarität und viel Liebe sind gefragt, wenn Mama sich (vorübergehend) verändert. Nicht nur körperlich, sondern auch im Verhalten. Von gechillt bis hin zu sonderbar können hier viele Attribute auftauchen.
Eine Schwangerschaft verläuft natürlich nicht immer gleich (gut) und in manchen Fällen sicher auch wirklich schlecht – gerade die gut verlaufenden Fälle sind es aber definitiv keine Krankheit!
Manche top gesunde, putzmuntere werdende Mama verfällt im Vorfeld ob ihrer Schwangerschaft beziehungsweise ob ihres Zustands doch bisweilen in eine übervorsichtige Hektik/Hysterie, die ihresgleichen sucht:
„Wir dürfen ab sofort keine Kraftausdrücke mehr benutzen – das Baby könnte diese verinnerlichen“. „Ich gehe ab sofort nicht mehr aus dem Haus – kein Risiko fürs Baby“. …natürlich ist das meine ganz eigene Interpretation, aber da ist doch die „Helikoptermama“ wohl oft vorprogrammiert.
Es gibt Regeln, keine Frage
Ich sehe ein, dass es gewisse Dinge gibt, die Schwangere beachten müssen! Katzenscheiße nicht mit Fingern essen, o. k. Regelmäßig die Hände waschen, o. k. Kein rohes Fleisch in sich reinstopfen, o. k. Aber selbst dann bleibt leider immer ein Restrisiko, so ist das halt im Leben.
Vor 200 Jahren haben es (die meisten) Kinder auch auf die Welt geschafft. Empathie, Liebe, Solidarität – alles nachvollziehbar und wichtig – doch es gibt Grenzen.
Ich plädiere hier dafür, dem Mann seine Freiheit zu lassen. Ob überzogen oder nicht, aber sein Leben wird sich in Bälde eh um 180 Grad drehen 😉
Neun Monate komplett auf Alkohol verzichten, weil die Frau es ja auch nicht darf? Nein.
Ich gehe nicht pausenlos und hardcore Party machen, keine Frage – aber hin und wieder nen Bier oder zehn, das muss schon drin sein.
Die eigenen Hobbies aufgeben, weil sie auch nicht mehr kann? Oder ihr einfach langweilig ist, weil sie den ganzen Tag im Gegensatz zu mir zu Hause habt? Wieder nein.
Zum Vegetarier werden, weil sie sich dazu entscheidet? (Nur das Beste fürs Baby!) Nein, nein und nochmal nein.
Please don‘t cut the man!
Liebe (zukünftige) Mamas: Habt Erbarmen mit uns Männern. Solange das Kind noch nicht auf der Welt ist und wir es noch nicht am eigenen Leibe spüren können, so wie ihr die neun Monate vorher, werden wir es eh nicht auf die Kette kriegen, uns da authentisch reinzufühlen. #isso. Gönnt uns also ein wenig Freiheit, biiiitteee😩.
Kein Freifahrtschein für Koks, Nutten und Rock‘n‘Roll, nein. Nur eine etwas längere Leine. Warum? Weil wir auch unsicher sind. Kein werdender Papa mag das Gefühl, seine Frau „im Stich“ zu lassen. So blöd das klingt, aber ein gesundes Wohlwollen tut da schon gut☺️
Die Zeit in der wir uns gemeinsam um das neue Menschenleben kümmern, wird noch früh genug kommen. Und dann sind wir da! Ganz sicher.
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Herrlich!!!
Total gut geschrieben!
Ich kenne das auch noch, beispielsweise mit dem Mett in der Schwangerschaft. „Mettbrötchen? Nee, das gibt’s bei uns nicht. Meine Frau ist schwanger“.
LG Boris
[…] Die erste Schwangerschaft bedeutet, dass sich im eigenen Leben ganz schön was verändern wird. Es ist eine aufregende Zeit, für die Männer freilich etwas anders als für die Frauen. […]
[…] Die Zeit vor der Geburt ist für mich als Papa irgendwie nicht so greifbar wie für die Mama. Kein Wunder, denn in mir wächst ja auch kein Alien. Entschuldigung, aber genau diese Ausdrucksweise habe ich jetzt schon mehrfach von werdenden (und bereits gewordenen) Mamas selbst gehört. Aber ob Alien oder nicht: Es existiert bereits lange vor der „Niederkunft“ (offizieller Wortgebrauch; wie bitte soll man dabei nicht an Aliens denken, hmm?!) eine enge, eine körperliche Beziehung zwischen Mama und Wurm (besser?) im Bauch. […]